LDK-Beschluss: Nach 75 Jahren: Grundgesetz für Alle

Wir haben beim letzten Parteitag der NRW-Grünen einen Antrag zur Ergänzung des Artikels 3 des Grundgesetzes gestellt. Wir sind sehr froh, dass die LDK den beschlossen hat und der Landesverband Teil der Bewegung für ein Grundgesetz für Alle ist.

Rede von Maik Babenhauserheide

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz beschlossen. Nur vier Jahre nach dem 
Untergang der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft trat die 
Bundesrepublik Deutschland in ein neues Zeitalter ein. Nachdem auf und von 
deutschem Boden in ganz Europa millionen Menschen entrechtet, gefoltert und 
ermordet wurden haben wir eine Verfassung bekommen, der die Verpflichtung zum 
Schutz der unantastbaren Menschenwürde vorangestellt wurde.

Es ist heute kaum möglich, die Bedeutung dieses Kulturwandels wirklich 
nachzuvollziehen. Unser Grundgesetz ist der gesetzgewordene Bruch mit dem 
vorangegangenen Unrecht. Daher ist es natürlich, dass die Gleichheit vor dem 
Gesetz mit dem Schutz der Menschenwürde und der Freiheit der Person als erstes 
erwähnt werden. Geregelt sind die Gleichheit vor dem Gesetz, die 
Gleichberechtigung der Geschlechter und den Schutz vor Benachteiligung aufgrund 
von Geschlecht, Sprache, Abstammung, “Rasse”, Glauben oder politischer 
Anschauung. Im Großen und Ganzen schützt der Artikel 3 die Gruppen, die in der 
vorangegangen Diktatur schutzlos ausgeliefert waren.

Wer im Artikel 3 fehlt, ist die Gruppe der Menschen, die aufgrund ihrer 
sexuellen Identität verfolgt wurden. Das ist auch kein Zufall. Queere Menschen 
wurden auch in der Demokratie verfolgt, kriminalisiert und diskriminiert. Der 
Paragraf 175 war bis zum 11. Juni 1994 in Kraft und hat viele Jahre lang Leben 
zerstört. Der Bruch mit der Kultur des Unrechts war nicht komplett. Das liegt 
nun hinter uns. Was bleibt ist eine klaffende Wunde in einem Grundgesetz, das 
ein Glückfall unserer Geschichte aber doch ein Kind seiner Zeit ist.

Nach 75 Jahren muss diese Wunde endlich geschlossen werden. Seit Jahren gibt es 
bürgerschaftliche Initiativen, die einer Vervollständigung des Grundgesetzes zum 
Ziel haben. Auch wir als Grüne haben uns diesem Ziel verpflichtet und z.B. in 
den Koalitionsvertrag in NRW durchsetzen können, dass die Landesregierung eine 
Grundgesetzänderung im Bundesrat unterstützen wird.

Angesichts einer schriller werdenen öffentlichen Stimmung und zunehmenden 
Verhetzung gesellschaftlicher Fortschritte, ist dieses wichtige Ansinnen sehr in 
den Hintergrund geraten. Aber Grundrechte sind nichts, was nur erkämpft werden 
sollte, wenn es keine Widerstände gibt und die Umstände ideal sind.

Wir rufen alle demokrateschen Kräfte im Bundestag und Bundesrat auf, jetzt 
zusammenzukommen, ein Zeichen zusetzen und nach dem großen Schritt von vor 75 
Jahres ein Grundgesetz möglich zu machen, das wirklich für Alle da ist.

Die Landesregierung NRW soll sich über den Bundesrat für eine entsprechende 
Initiative einsetzen, um die notwendigen Verfahren zur Aufnahme der “sexuellen 
Identität” in Artikel 3 GG einzuleiten.

Beschluss der LDK von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN NRW